Tabuthema Gewalt

Gewalt in der Familie ist kein Einzelfall

Frauen, die von ihrem Ehemann oder Lebensgefährten misshandelt werden, sind leider keine traurigen Einzelfälle sondern Opfer eines häufigen Phänomens: Jede fünfte in einer Beziehung lebende Frau erlebt Gewalt durch ihren Partner.

Viele Frauen wagen dabei lange Zeit nicht, Hilfe zu suchen. Zu groß ist die Angst, die Scham und oft auch der Irrglaube, selbst schuld zu sein und die Gewalt „verdient zu haben“! Frauenhäuser und -organisationen arbeiten daher hart an der Enttabuisierung des Themas: Denn niemand hat das Recht, einen anderen Menschen zu schlagen oder zu misshandeln!

Vorweg: Den typischen Männertyp, der seine Partnerin misshandelt, gibt es nicht! Gewalt in der Familie und speziell gegenüber Frauen ist kein klassenspezifisches Verhalten.

Täter- und Opferklischee

Es ist unter allen Altersgruppen, Bildungsgraden, Schichten und Einkommensgruppen verbreitet. In älteren Generationen schlagen Männer nicht öfter als in jüngeren. Ein Hochschulstudium oder eine Fachqualifikation bewahren nicht vor Gewalttätigkeit. Auch der Ausdruck der Gewalt unterscheidet einen Akademiker nicht von einem ungelernten Hilfsarbeiter.

Ein weiteres Vorurteil lautet, dass man einem gewalttätigen Mann den „Schlägertyp“ bereits ansieht. Doch es ist unerheblich, ob ein Mann kräftig ist oder gar kleiner als seine Frau, ob er tätowiert ist, ob er erfolgreich im Beruf ist, ob er sich mit Anzug kleidet oder Jeans trägt.

Die körperliche Statur oder das Aussehen spielen ebenso wenig eine Rolle wie das gesellschaftliche Ansehen eines Mannes. Oft sind die in der Gesellschaft als liebenswert und rücksichtsvoll, hilfsbereit und lustig bekannten Männer in der Familie die größten Tyrannen.

Wenn es überhaupt eine Typologie von Männern, die ihren Frauen gegenüber gewalttätig werden, geben sollte, dann wären das die Männer, die eine sehr enge Beziehung eingegangen sind und die Partnerin nicht verlieren wollen. Frauen sind daher in intensiven Partnerschaften und langjährigen Ehen am stärksten gefährdet.

Auch wird der gewalttägige Mann in unserer Gesellschaft beinahe ausschließlich gegen die Partnerin gewalttätig. Die Gruppe jener Männer, die ihre Frau misshandelt und auch außer Haus gewalttätig sind, ist klein.

Diese Fakten stellen unser Weltbild auf den Kopf, welches uns daran hindert zu erkennen, dass Gewalt in der Familie kein Einzelfall ist.